Inside Kampala
Afrikanische Suite Nr. 22
Für Querflöte, Blockflöte und Klavier
Partitur und 3 Stimmen.
1. Satz: Boda Boda
2. Satz: Karungi
3. Satz: Too hot!
Inside Kampala ist meine Afrikanische Suite No. 22; es beschreibt meine Eindrücke von Kampala, der 4-Millionen-Einwohner-Hauptstadt Ugandas, die ich in den letzten Jahren im Lauf meiner Afrikareisen oft besucht habe. Boda Boda heissen die Motorradtaxen, die man dort überall findet (Autotaxen findet man oft überhaupt nicht!) Sie sind die billigste, schnellste, aber auch gefährlichste Art, sich in Kampala fortzubewegen, angesichts des dichten Verkehrs, dem Mangel an Straßenbeleuchtung, dem Zustand der Motorräder und der Tatsache, dass die Strassen oft nur aus Löchern und Schlamm bestehen. Einmal wollte mir ein Freund seine Kirche zeigen und winkte ein Boda heran; es stelltes sich heraus, dass die Kirche weit entfernt in einem Vorort lag, wir fuhren über eine Stunde. Er muss dem Fahrer gebeten haben, sich zu beeilen, den er vollführte James-Bond-artige Stunts, fuhr auf der Gegenfahrbahn, auf dem Bürgersteig, zwischen den Autos, überall. Selbst als Atheist began ich zu beten. Ich habe versucht, diese Momente von Aufregung, Abenteuer und Freude am Rausch der Geschwindigkeit in diesem Stück musikalisch einzufangen.
Karungi ist Luganda und heißt schön; ein, wie ich finde sehr schöner Name für Schönheit. Karungi ist aber auch ein Mädchenname in Luganda, der Sprache des größten Stammes Ugandas, der in der Hauptstadt wohnt (einer der sieben Hügel wird vom König von Luganda und seinen Frauen bewohnt). Das Stück beschreibt einen intensiven Moment von Liebe und Zärtlichkeit, eine himmlische Atmosphäre. Musikalisch habe ich das Ostinato-Pattern aus dem ersten Satz in Zeitlupe als Melodie verwendet, also einen Motorradparforceritt in ein Lied von Liebe und Sehnsucht verwandelt. Dieser Satz war am schwierigsten für mich zu komponieren; ich wollte, dass er einfach und komplex, schön und traurig zugleich ist.
Der dritte und letzte Satz heißt TOO HOT. Was soll ich sagen – das ist pure afrikanische Energie! So ein Stück habe ich noch nie vorher geschrieben, so nah bin ich Jazz und Pop noch nie gekommen. Too hot bezieht sich natürlich auf die Temperaturen in Schwarzafrika, die für einen Nordeuropäer wie mich oft nicht auszuhalten waren. Aber offensichtlich kann too hot auf “Zu scharf” oder “zu sexy” heissen. Alle drei Bedeutungen finden sich mühelos in Kampala – und in diesem Stück!
Ich möchte mich ganz herzlich bedanken beim Querflötengenie Katharine Rawdon, die dieses Stück in Auftrag gegeben und mich darüber für das indische Klassikmagazin Serenade interviewt hat – das mit Abstand interessanteste Interview, das jemand mit mir als Komponist bislang geführt hat. Und natürlich bedanke ich mich bei ihrem Ensemble Syrinx: XX und ihren beiden fantastischen Mitspielern dort Raj Bhimani (Klavier) und António Carrilho (Blockflöte), die Inside Kampala am 26.11. letzten Jahres im Center for the Performance Arts in Mumbai uraufgeführt haben. Ihr wart großartig! Eine Aufnahme des zweiten Satzes findet Ihr hier unten.
Über Aufnahmen und Kommentare freue ich mich immer: mail@soerensieg.de
Hamburg, Juni 2019