Ububele
Für Blockflötenorchester
ATTBBGGKKK
1. Satz: Amaza (Wellen)
2. Satz: She's still there
3. Satz: Fa wo do yi mame (Lass uns zusammenhalten)
Ububele ist Xhosa und bedeutet Freundlichkeit. Als Hanns Dieter Hüsch, der legendäre deutsche Kabarettist und Liedermacher, am Ende seines Lebens gefragt wurde, wofür er das alles gemacht habe, antwortete er: Um mehr Freundlichkeit in die Welt zu bringen. Ich war beeindruckt, als ich das zum ersten Mal hörte. Nicht "Freiheit", "Gerechtigkeit", "Gleichheit" - Ideale, für die Millionen Unschuldige ihr Leben lassen mussten - nein: Freundlichkeit, ein bescheidenes Ziel, aber ein erreichbares (und ungefährliches).
Freundlichkeit und Wärme waren es auch, denen ich auf meinen Reisen durch Schwarzafrika in überwältigender Weise begegnet bin. Und genau diese rückhaltlos positive Energie möchte ich hier zum Ausdruck bringen, in meiner 19. Afrikanischen Suite. Ich schrieb sie für meinen ersten Blockflötenworkshop in Lyme Regis im Februar 2017, zu dem Tom Beets mich freundlicherweise eingeladen hatte. Da so viele Teilnehmer so tiefe Blockflöten mitgebracht hatten (David hatte sogar einen Subgroßbass dabei), ergriff ich die Möglichkeit, etwas Entspanntes, Gelöstes zu schreiben, das die Klangqualitäten der tiefen Blockflöten voll zur Geltung bringt: Die höchste Stimme ist eine Altblockflöte. Das gesamte Stück kann ich mir von einem solistisch besetzten Ensemble ebenso gut vorstellen wie von einem Blockflötenorchester.
Entspannt und zurückgelehnt ist vor allem der erste Satz Amaza (Wellen) im von mir so geliebten 12/8-Takt. Dieses Stück sollte extrem groovig gespielt werden, besonders das Hauptthema. Genießt es, versetzt Euch gedanklich in ein Dorf in der Nähe des Victoriasees, kein Laptop, kein Smartphone, dafür wachsen überall Kokosnüsse und Ananas. Der zweite Satz ist sehr emotional, über eine tiefe Liebe und Sehnsucht, und möglicherweise (nein: sicher!) die längste Melodie, die ich je geschrieben habe. In Lyme Regis unternahm ich lange Spaziergänge am Meer, das dort, an der malerischen Steilküste, wie ein Ozean wirkt. Stellt Euch vor, Ihr lauft an einem klaren, sonnigen Tag einen endlosen Strand hinunter und schaut zum Horizont - mit genau diesem Gefühl und Atem solltet Ihr diese Melodie spielen.
Der dritte Satz hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Fa wo do yi mame ist Twi, die Sprache, die um Accra herum gesprochen wird, und bedeutet: "Lass uns zusammenhalten, was immer auch passiert". Die ersten 19 Takte können gespielt oder gesungen werden - es können einige oder alle Mitglieder des Ensembles mitsingen. Ich weiß, dass viele Blockflötistinnen ungern singen, aber es wäre eine tollte Überraschung für das Publikum. Es sollte ein freies Singen sein, ohne Angst, als ob Ihr jemand ruft. Ich mag das Stück so sehr, dass ich es später für viele andere Besetzungen bearbeitet habe: Für Chor, für Chor und Orchester, für Klavierquartett und a-cappella-Ensemble, aber dies ist die Originalversion! Der Ausdruck ist, wie so oft in meinen dritten Sätzen, pure Freude.
Ich danke Josée und Paul für ihre großartige Gastfreundschaft in Lyme Regis, ich danke Ruth dafür, dass sie sich in Großbritannien für meine Stücke einsetzt, ich danke Michael aus Hongkong, der so lange und geduldig auf die Noten gewartet hat, und nicht zuletzt Tom, der mich immer wieder zu diesem Stück zurückgebracht und ermutigt hat, es endlich zu vollenden und zu veröffentlichen.
Ich freue mich immer über Aufnahmen und Kommentare: mail@soerensieg.de.